Das Neurophysiologische Modell

Das neurophysiologische Modell wurde von Jastreboff erstmals 1990 in allen Details beschrieben. Es stellt die neuronalen Aktivitäten des Tinnitus-Signales selbst in eine Beziehung zu Aktivitäten in wichtigen anderen Strukturen des Zentralnervensystems, wie dem Limbischen System und dem autonomen Teil des Nervensystems sowie zu dem Aufmerksamkeitssystem, der Formatio Reticularis. Nach diesem Modell sollte der Leidensdruck beim klinisch relevanten Tinnitus auf einer Wechselwirkung zwischen dem Tinnitus-Signal selbst und diesen oben genannten außerhalb der Hörbahn gelegenen Hirnstrukturen beruhen. Das Innenohr, ja sogar die ganze zentrale Hörbahn wären diesen Postulaten zufolge nur von untergeordneter Bedeutung für den klinisch relevanten Tinnitus.

Abb.1 : Neurophysiologisches Modell nach Prof. Jastreboff (stark vereinfacht)

Wesentllich sind nach diesem Modell vielmehr Konditionierungsvorgänge, die dem an und für sich belanglosen neuronalen Tinnitus-Signal unverhältnismäßig große Aufmerksameit einerseits und massive negative Wertung andererseits zuordnen. Dadurch erst kommt es zu den vielfältigen massiven negativen Reaktionen des Organismus auf den Tinnitus, wie z.B. Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Depression, Angstzustände, Panikattacken, emotionale Reizbarkeit usw.. Diese Reaktionen können dann ihrerseits wiederum das Tinnitus-Signal durch positive Rückkopplung verstärken, was sich dann nach Art eines Teufelskreises immer weiter gegenseitig bis zur Katastrophe hin aufschaukeln kann. Diese von dem Modell vorhergesagten Zusammenhänge konnten erst einige Jahre später mit Hilfe bildgebender Verfahren tatsächlich klinisch nachgewiesen werden.